Eine Kaffeerösterei im Land der Teetrinker

Das Reisemagazin hat sich diesmal aufgemacht, um der Kaffeerösterei Baum in Leer einen Besuch abzustatten und hinter die Kulissen des Handwerksbetriebes zu schauen. Wir erfahren etwas über die Entstehungsgeschichte und bekommen spannende Hintergrundinfos, was eine kleine Rösterei heute ausmacht. Gut 120 Röstereien gibt es heute in Deutschland – von großen Unternehmen bis hin zu den kleinen Manufakturen. Auch in Ostfriesland gibt es mittlerweile einige kleine Betriebe – wobei die Kaffeerösterei Baum sicherlich als der ostfriesische Pionier zu bezeichnen ist.

Handwerkliche Trommelröstung in der Kaffeerösterei Baum. Foto: Kaffeerösterei Baum

Die Ostfriesen an sich sind ja bekannt für ihren hohen Teekonsum. 300 Liter sind es pro Kopf und Jahr. Das ist Weltrekord. Ganz so hoch ist der Kaffeeverbrauch nicht. 2022 waren es im Bundesdurchschnitt 167 Liter im Jahr. Auch der Kaffeedurst der Ostfriesen und Ostfriesinnen wird sicher nicht am Tee-Weltrekord kratzen. Ist es vor diesem Hintergrund nicht auch ein bisschen mutig, ausgerechnet in Ostfriesland eine Kaffeerösterei zu eröffnen? Wie kam es überhaupt dazu? Das wollen wir von den beiden Chefs Andreas Baum und Ralph Hartmann bei einem Rundgang durch die Produktionsstätte der Kaffeerösterei wissen.

Firmengründer Andreas Baum war damals während seines Studiums in Hamburg auf den Geschmack gekommen. Dort jobbte er nebenbei in einer kleinen Rösterei und lernte dabei Spezialitätenkaffee als echtes Genussmittel kennen und lieben. Als er dann nach Leer in Ostfriesland kam, war er mit dem vorhandenen Angebot – sagen wir es mal ganz diplomatisch – leicht unzufrieden. So fing es an, dass er Rohkaffee aus Hamburg bezog und privat bei sich zu Hause für den Eigenbedarf röstete. Immer mehr Freunde, Kollegen und Nachbarn fanden Gefallen daran und so war die Idee für eine eigene Kaffeerösterei geboren. Im November 2013 ging die Kaffeerösterei in Leer an den Start. Ralph Hartmann stieg nur einige Jahre später als Partner in das Geschäft ein.

Schon schnell erfreute sich der Kaffee aus Leer großer Beliebtheit. Und das im Land der Teetrinker! Aber vielleicht auch gerade deshalb passt der Kaffee als Spezialität gut zu Ostfriesland, erklärt uns Andreas Baum. „Schon allein an der traditionellen Teekultur mit allem was dazu gehört, kann man erkennen, dass die Ostfriesen und Ostfriesinnen eine große Affinität zu Spezialitäten haben. Sie legen Wert auf Qualität und bewusstes Genießen und daher liegen die Tee- und die Kaffeekultur in meinen Augen gar nicht so weit voneinander entfernt“, so Baum. „Vielleicht wäre ein Standort in einer Großstadt sogar einfacher, aber das möchten wir gar nicht. Wir wollen hier in Ostfriesland sein und verstehen uns als Botschafter der ostfriesischen Kaffeekultur.“

Wir kommen dabei auch auf die Kaffee-Vorlieben der Ostfriesen zu sprechen und erfahren, dass die Ostfriesen und Ostfriesinnen ganz unaufgeregte Kaffeetrinker sind. Einmal ihren Lieblingskaffee gefunden, bleiben sie ihrer Linie treu. Richtig schön ostfriesisch! Sie sind zwar immer interessiert und offen für Neues, rennen den neuesten Trends aber auch nicht um jeden Preis hinterher. Zu den beliebtesten Sorten zählen etwa der säurearme und eher milde Ostfriesenkaffee. Etwas fruchtiger, komplexer und außergewöhnlicher ist dagegen der Honduras Marcala, der ebenfalls gern genommen wird.

Röstmeister Stephan sorgt für die perfekte Röstung der Bohnen. Bei der handwerklichen Röstung mit dem Trommelröster ist Erfahrung und Herzblut gefragt.

Während unseres Rundgangs kommen wir zum Herzstück der Rösterei: dem Trommelröster. Hier treffen wir auf den Röstmeister Stephan.  Er erklärt uns, dass man beim Rösten Sorgfalt, Erfahrung und vor allem ganz viel Liebe braucht. Bei der klassischen Trommelröstung brechen die Kaffeebohnen nach kurzer Zeit auf – das ist der sogenannte „First Crack“. Langsam aber sicher entwickeln die Bohnen nun ihr Aroma. Für die einzelnen Phasen sind unterschiedliche Rösttemperaturen immens wichtig. Der Röstprozess wird laufend an einem Röstometer verfolgt – einem großen Display mit einer von Stephan festgelegten Röstkurve, die die geplante Zeit im Verhältnis zur Temperatur darstellt. Der Kaffee wird bei Temperaturen bis zu 211 Grad geröstet. Röstmeister Stephan lässt die Bohnen während des Röstprozesses quasi nicht aus den Augen. Immer wieder nimmt er Proben per Hand, um den Röstgrad perfekt auf das gewünschte Maß abzustimmen.

Hier kann man sehen, wie die Kaffeebohnen im Laufe des Röstprozesses ihre Farbe ändern. Ganz links sind sie im Rohzustand. Je länger der Röstprozess dauert, desto dunkler werden die Kaffeebohnen.

Die Dauer der handwerklichen Röstung liegt zwischen 13 und 18 Minuten. Das ist deutlich länger als bei einer industriellen Röstung, die meist nur wenige Minuten andauert. Eine lange und schonende Trommelröstung macht dabei den Kaffee besonders bekömmlich und die Kaffeebohnen haben genügend Zeit, ihre rund 800 Aromastoffe voll zu entfalten.

„Es gibt ein hohes Bewusstsein für mehr Qualität und regionale Produkte in der Gesellschaft – insbesondere auch bei Unternehmen und der jüngeren Generation“, erklärt Ralph Hartmann. „Daher ist es uns auch wichtig, verstärkt Bio- oder Fair-Trade-Kaffee anzubieten. Dort wo es möglich ist, arbeiten wir mit regionalen Anbietern zusammen. Die Milch für unser Café beziehen wir beispielsweise von der Molkerei Ammerland.“

Nach der Röstung geht es ans Genießen der Kaffeespezialitäten. Foto: Kaffeerösterei Baum

Wer einmal in den Genuss der Kaffeespezialitäten der Rösterei Baum kommen möchte, besucht das Ladengeschäft mit Café in der Mühlenstraße in der Innenstadt von Leer. Hier kann man den Kaffee direkt vor Ort probieren und sich mit Kaffeebohnen für zu Hause bevorraten. Neben dem Online-Shop findet man die Produkte in vielen Supermärkten Ostfrieslands und darüber hinaus. Zukünftig sind Röstvorführungen oder auch sogenannte Cuppings (professionelle Kaffeeverkostungen) geplant.

Einen Überblick aller Röstereien in Ostfriesland findet Ihr hier.

  1. Joachim Wenking, Löhne says:

    Morgens starte ich den Tag mit meiner Frau Martina mit einer Kanne Bünting Tee; später brüht sie sich Filterkaffee auf und wähle dann ein Kännchen Espresso aus Dortmund; manchmal auch gefriergetrockneten Kaffee/mit einem Löffel Cappuccino.

    Je nach Lust und Laune bzw. wie die Sonnenstrahlen einen animiert haben.

    Ich hoffe Sie sind gesund; andernfalls greift man nicht zu Kaffee sondern zu Tee!

  2. Regina Kreibich says:

    Ohne Kaffee geht bei mir oder uns am Morgen nichts. Wir kommen seid 6 Jahren nach Hesel und schätzen auch Tee. Der wird bei uns nur im Winter oder bei Schietwetter getrunken.
    Dieses Jahr werden wir mal die Kaffeerösterei in Leer besuchen und natürlich den Schuhladen von Frau Weber.
    Die Landraten aus Sachsen

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